Wieder mal im Einkaufszentrum

geschlossen und der Regen hat sich verabschiedet. Wir waren derweil noch ein paar Mal einkaufen, denn irgendwie hat jeder ständig Hunger auf genau das, was wir nicht im Kühlschrank haben. Zum Glück mussten wir nicht jedes Mal 15 Kilometer weit fahren, es gibt auch einen kleinen Laden in der Nähe (der mit seinen Preisen allerdings die Treibstoff-Ersparnis definitiv wettmacht).

Nun steht die Ankunft von Tochter 2 mit Freund an, wir haben alle Versionen hoch und runter dekliniert, wie und wo wir die beiden in dem eigentlich als Mehrpersonen-Ferienhaus deklarierten Ein-Wohnraum-Ensemble mit Küche und zwei Bädern unterbringen sollen. EINIG waren wir uns schon zu Hause, dass dies auf jeden Fall mit DISTANZ zu geschehen hat, es soll ja am Ende auch noch URLAUB sein und kein Boot-Camp für Teenager und Erwachsene.

Die Kinder finden unsere Diskussionen spannend, gut so, in wenigen Jahren werden sie nachrücken …
Wir hatten uns bereits zu Hause mit den Teenies darauf verständigt, dass sie nicht in unserem Wohnzimmer campieren werden… campieren, das ist es, die Lösung. Ein Zelt! Aloha, bereits zu Hause ein neues Zelt gekauft, Luxusklasse mit Schnellaufbau. Probiert, tatsächlich, vier Minuten allein, entspricht der Beschreibung, also ins Auto geworfen, zwei Isomatten dazu und losgefahren. Jetzt, drei Wochen später, ermahnt mich die sorgsamste Ehefrau von allen besagtes Zelt aufzubauen und für die Ankunft der Jugend vorzubereiten.

Zelt aus dem Auto, Matten raus. Wohin mit dem Zelt? Der Garten auf dem Foto ist natürlich viel kleiner als auf den Bildern und an der einzigen möglichen Stelle steht ein Bäumchen im Weg. Wir sind zwar die letzten Touris dieses Jahr hier und der Außenkamin ist verführerisch, aber das finde ich dann doch etwas frech… Das Bäumchen überlebt und das Zelt kommt auf die Terrasse. Allerdings nur als Rohling, denn der Schnellaufbau entpuppt sich als fatale Fehleinschätzung. Irgendwas hakt in dem selbstaufbauenden Gestänge und schwupp verabschiedet sich eine Stange aus der Reihe, dann eine zweite. Mein geringes technisches Verständnis gepaart mit viel Erfahrung im Aufbau von Zelten sagt mir, das war´s, das wird nix mehr.
Unter den todbringenden Blicken der entnervtesten Ehefrau von allen beschließe ich das Zeltwrack Wrack sein zu lassen und im Einkaufszentrum ein neues Zelt zu erwerben. Schließlich ist es auch mir ein wichtiges Anliegen, dass ALLE Familienmitglieder plus Freund am Ende einer Woche noch miteinander reden. Ein Anliegen, was bei gemeinsamer Unterbringung in einem großen Wohnzimmer mit Küche sicherlich kränkeln würde. Also ins Einkaufszentrum.

Die Kinder stürzen begeistert in die Lego-Abteilung, die Gattin harrt meiner Erfolge. Mein Italienisch reicht für die Kommunikation mit dem sprachbegabten Einheimischen und schon kurz danach erfahre ich, dass letzte Woche Sortimentswechsel war. Es ist jetzt Herbst, sie haben Skisaison (bei 25 Grad) und die Zelte sind gerade weggebracht worden…

Die Laune verdunkelt die ansonsten wolkenlose Hemisphäre, als wir die übrigen 185 Kilometer zum Flughafen zurücklegen. Nicht ohne bei jeder Ansiedlung nach einem Zeltverkauf zu lugen und tatsächlich nach einigen Anläufen von einem sehr großen, gut sortierten Laden stehen und erfahren, dass auch hier nur noch die Ausstellungsstücke an der Wand hängen und der Rest der Tauchausrüstung und der Skisaison weichen mussten (was Tauchausrüstung mit Skisport zu tun hat, kann mir zwar keiner erklären, ist jetzt aber auch ohne Belang)

Wir empfangen unsere Teenies mit den fröhlichsten Mienen, kredenzen einen Spaziergang durch den Ort, in dem wir letzte Woche noch bei gleichem Anlass gut speisen konnten – gleiche Uhrzeit, gleicher Ort, alles geschlossen … irgendwann gibt es doch noch Pizza Margherita, Nudeln etc. und wir können die 200 Kilometer Rückweg antreten …
Langsam die bizarren Wahrheiten der aktuellen Lage erläuternd wird den Teenies klar, dass dies hier doch kein Urlaub sondern unfreiwillig wohl ein Boot-Camp wird. Fernsehen nur auf Italienisch, die nächste Bar geschlossen und 10 Kilometer weit entfernt, das Wetter durchwachsen angekündigt, dafür kulturelle Ausflüge zu erwarten …

…im jungen Mann an der Seite von Tochter 2 erwacht das Genie eines Ingenieurs und mit Energie wie zu meiner Jugendzeit repariert er geduldig das Zelt. Was tut man nicht alles, um mit den anderen nicht im Wohnzimmer übernachten zu müssen….
Tochter 2 fragt derweil mal leise nach den Shopping-Möglichkeiten im Einkaufszentrum. Sohnemann erläutert ihr das gerne und unmissverständlich: „Da müssen wir sowieso noch 100.000 Mal hin!“

Wir nicken leise und hoffen, dass morgen die Sonne scheint …