8 Tipps für das Leben mit Kindern

Wie kleine Veränderungen im Verhalten der Eltern den Alltag schöner machen können.

Als ich als junge Journalistin erfuhr, dass ich zum ersten Mal schwanger war, freute ich mich unbändig. Und das, obwohl ich aus diesem Grund eine Weltreise absagen musste, die mir der Chefredakteur gerade angeboten hatte. Ich wollte Kinder aufwachsen sehen, die Zeit mit ihnen genießen, Laternen basteln, Kekse backen, Pflaster auf aufgeschlagene Knie kleben – das ganze Programm.

Wenige Monate und Jahre später waren beide Wunschkinder geboren, aber als Mama war ich dem Burnout nahe.

Wie kann es einfacher gehen? Wie können wir mehr genießen, was wir uns so gewünscht haben? Warum gibt es immer wieder Ausraster und Verweigerung?

Diesen Fragen bin ich über die Jahre durch systematische und alltagsbegleitende Recherchen nachgegangen. Ich habe in der Literatur nach Erkenntnissen gesucht, habe sie in der eigene Familie ausprobiert und habe auf meinem Blog und in meinen Büchern beschrieben, was für uns funktioniert hat und was nicht.

Hier kommt eine kleine Auswahl an Alltags-Hilfen, die manche Situation im Familienleben entschärfen können. Einige haben zu tun mit unserer inneren Einstellung oder unseren Werten, andere sind ganz praktisch und konkret.

 

Sich hüten vor Vorwürfen und Entwertungen

Wir Eltern merken häufig gar nicht mehr, wie vorwurfsvoll und entwertend wir mit unseren Kindern sprechen. Wenn sie nicht in unserem Sinne funktionieren, reden wir mit ihnen, wie wir es nie mit einem Erwachsenen tun würden. Können Sie sich vorstellen, dass Ihr Partner zu Ihnen sagt: „Ich zähle bis drei, dann hast du in der Werkstatt angerufen und neue Winterreifen bestellt. Wenn nicht, darfst du morgen Abend nicht den „Tatort“ gucken, du verträumter Chaot!“?

Das Leben in Familie wird deutlich besser funktionieren, wenn wir verzichten auf: Entwertungen, Vorwürfe, Rechthaberei und Erpressen mit Gefühlen.

 

Die „Echo-Methode“ für mehr Wertschätzung

Wenn sich der Teenager nicht bedankt, obwohl er gerade zum Tennis chauffiert wurde, brülle ich ihm ein fröhliches „Danke, Mama!“ hinterher. Meistens werde ich mit dem direkten Echo und einem Grinsen belohnt: „Ja, danke, Mama!“ Mit solchen Methoden steigt die allgemeine Wertschätzung und man wird plötzlich feststellen, dass sich die Heranwachsenden für Sachen bedanken, bei denen man gar nicht damit gerechnet hat. Allerdings gehört auch dazu, dass die Eltern achtsam sind und bei ihren Kindern nicht alles für selbstverständlich nehmen. „Danke, dass du daran gedacht hast, den Hund zu füttern!“

 

Auf das Bedürfnis nach Nähe achten

Eine entscheidende Hilfe im Leben mit kleinen Kindern ist, darauf zu achten, ob ein Kind „bindungssatt“ ist. Wenn Eltern ihr Kind am Mittag oder Nachmittag aus der Kita oder der Grundschule abholen, hat es das Bedürfnis nach Nähe. Ganz schlicht. Kein großes Programm, kein Zoo, kein Abenteuerspielplatz, keine komplizierten Bastelaktionen. Einfach Nähe. Hand in Hand nach Hause schlendern, statt zu hetzen, das Kind achtsam im Auto anschnallen, dabei seine Haare aus dem Gesicht streichen, zu Hause Kuscheln auf dem Sofa, Zöpfe flechten, Rücken kratzen. Dabei können auch die Bedürfnisse von Mama oder Papa ins Spiel kommen, einen Becher Kaffee und/oder Kakao trinken, gemeinsam die Hände daran wärmen, Füße hoch legen….

(Der Begriff „bindungssatt“ stammt von Dagmar Neubronner: Der Neufeld-Ansatz für unsere Kinder. Bremen 2015, Seite 70)

 

 

Ein Kind nicht zwingen, dass es einen anschaut

Ich bekomme immer wieder mit, dass Eltern ihr Kind anmeckern: „Schau mich an, wenn ich mit dir rede!“ Damit aktiviere ich nicht das Bindungs-, sondern sein Alarmsystem. („Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht?“) Augenkontakt ist wichtig. Ja! Aber ich als Erwachsene sollte dafür sorgen, ihn freundlich herzustellen. Denn die Verantwortung für die Qualität unserer Beziehung kann ich nicht meinem Kind in die Schuhe schieben.

 

Ein Kämpfchen mit Papa hilft Söhnen ins Gleichgewicht zu kommen

Wie hilfreich es ist, wenn sich Väter immer mal wieder freundschaftlich einen Ringkampf mit ihren Söhnen liefern, daran erinnert der bekannte dänische Familientherapeut Jesper Juul. Der intensive Körperkontakt helfe den Jungen mit ihrer männlichen Energie umzugehen und selbstsicher zu werden. Solche Papas, so Juul, würden ihre Söhne vor mancher Diagnose samt Therapie bewahren.

(Jesper Juul: Aggression. Frankfurt am Main 2016, Seite 50/51)

 

Kleider auf die Heizung legen

Fast jede Familie weiß davon zu berichten, wie quälend lange es dauern kann, bis die Kinder sich morgens allein angezogen haben. Die Kita-Tür schließt vielleicht um 9 Uhr, außerdem muss Mama dringend ins Büro, aber der Filius hat – trotz mehrfacher Ermahnungen – erst einen Fuß im falschen Hosenbein. Um Schimpf-Tiraden zu vermeiden, hilft ein einfacher Trick: Die Kleider im Winter auf die Heizung legen. So gibt es einen Anreiz, schnell in die wohlig-warmen Sachen zu schlüpfen. Die Idee führt auch deshalb zur Beschleunigung, weil die Kinder sich beeilen müssen, um den Effekt zu spüren.

(nach: Danielle Graf, Katja Seide: Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn. Weinheim 2016, Seite 192

 

Immer ein paar Mandeln oder eine Banane dabei haben

Wenn kleine Kinder nörgeln und man keine Idee hat, woran es liegen könnte, sind sie oft einfach hungrig oder müde. Neulich habe ich gelesen, wie die Leiterin eines Familien-Camps ein kleines Mädchen wieder in ihr Gleichgewicht brachte. Es war eine knapp Dreijährige, die während der Familienfreizeit als sehr weinerlich und aggressiv auffiel. Das schmächtige Mädchen wollte auf einer Wanderung plötzlich keinen Schritt mehr tun. Sein Vater redete mit Engelszungen auf es ein. Kein Erfolg. Schließlich hockte sich die Betreuerin vor das Mädchen und sagte: „Das sind Zaubernüsse. Die sind nur für Kinder. Ich habe sie immer in der Tasche. Kein Erwachsener kriegt davon. Willst du eine?“ Schließlich verschlang das Mädchen alle Mandeln. Es hatte schlichtweg Hunger.

Nicola Schmidt, die Leiterin des Camps, sprach in den nächsten Tagen mehrfach mit der Familie. Es stellte sich heraus, dass die Eltern ihre kleine Tochter für so kompetent (à la Jesper Juul) gehalten hatten, dass sie es ihm überließen, seine Bedürfnisse nach Essen und Schlaf selbst zu regeln. Nach wenigen Tagen mit mehr Führung war das Mädchen wie ausgewechselt. „Wir sind sicher“, so Nicola Schmidt, „dass Kinder sehr kompetent sind. Aber jedes Kind braucht Hilfe an einer anderen Stelle seiner Entwicklung. Manche Kinder können Schlafen und Essen selbst regeln. Manche eben nicht. Und es ist unser Job als Eltern, das zu erkennen und nicht aufgrund schöner Theorien nicht mehr hinzugucken.“

(Julia Dibbern, Nicola Schmidt: slow family. Sieben Zutaten für ein einfaches Leben mit Kindern. Weinheim 2016, Seite 54

 

Kurz die Bindung neu aktivieren

Wenn mein Kind in einer Gruppe ist, hole ich es am besten kurz heraus, wenn ich ihm etwas Wichtiges sagen will. Nicht nur weil es in den meisten Fällen demütigend ist, wenn Mama vor den Freunden kleine Vorträge hält, sondern auch weil die Botschaft meist nicht ankommt. Denn in so einer Situation ist das Bindungssystem des Kindes doppelt aktiviert und zwar in unterschiedliche Richtungen, quasi zum Zerreißen. „Ein Kind ist nur bereit, uns Folge zu leisten, wenn es sich mit uns verbunden fühlt. Wir müssen also die Bindung erst wieder aktivieren und das Kind sozusagen einsammeln.“ (Neubronner, ebenda, Seite 84)

Wenn der siebenjährige Sohn zum Beispiel mit Freunden durch den Garten tobt, kann ich über den Rasen brüllen, sie sollen die Lichterkette in Ruhe lassen und „In einer halben Stunde gibt es Abendbrot!“. Es wird aber mehr bringen, wenn ich ihn kurz zur Seite nehme, ihm freundlich in die Augen schaue, eine Hand auf seine Schulter lege und sage: „Wow, ihr habt richtig Spaß gerade, oder? Ich will dich nur kurz bitten, den Stein wieder auf das Kabel von der Lichterkette zu legen und euch darauf einzustellen, dass es bei uns in einer halben Stunde Abendbrot gibt.“

 

 

 

Uta Allgaier ist Bloggerin, Buchautorin und Familien-Coach und lebt in Hamburg

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Uta.Allgaier@online.de

 

Beim Verlag Ellert & Richter in Hamburg ist ihr Buch „Doch! Erziehen kann leicht sein“ in mehreren Auflagen erschienen. In diesem Herbst kam ihr zweites Buch „Die Fibel der Gelassenheit“ auf den Markt.

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Sie bietet Familien-Coaching nicht nur in ihrer Praxis an, sondern auch per Telefon oder als alltagsbegleitendes Online-Coaching.

Auf ihrem Blog „Wer ist eigentlich dran mit Katzenklo? Der Blog für ein entspanntes Familienleben“ berichtet sie aus ihrem eigenen Leben mit zwei Kindern und greift aus der aktuellen Literatur, aus ihren Fortbildungen und ihrer Coaching-Praxis alles auf, was Eltern und ihrem Nachwuchs mehr Leichtigkeit und Freude schenkt.