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Gute Zeiten für Schulabgänger

Viele Schüler sind, trotz Praktika in Betrieben, Kontakten aus dem privaten Umfeld, Eignungstests und sogenannten Ausbildungsmessen, oft dennoch ratlos angesichts der vielen Berufsmöglichkeiten. Eltern auch. Knapp 9.500 grundständige Studiengänge bieten deutsche Hochschulen an, dazu kommen noch staatlich anerkannte 350 Ausbildungsberufe und eine Vielzahl an weiteren Berufsmöglichkeiten.

Für junge Leute ist es eine gute Nachricht: Noch nie waren die Chancen auf einen Ausbildungsplatz so gut wie heute. Rechnerisch stehen 105 Lehrstellen nur noch 100 Bewerber gegenüber, wie aus dem Berufsbildungsbericht hervorgeht, den Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat.

Die Wirtschaft aber stöhnt, schließlich suchen viele Betriebe händeringend Fachkräfte – nur wo sollen die herkommen? Diese Sorge lässt sich in Zahlen veranschaulichen. So ist zwar die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im vergangenen Jahr erstmals seit dem Jahr 2011 wieder leicht gestiegen. Noch stärker zugelegt hat aber die Zahl der unbesetzten Stellen: um 5500 oder 13 Prozent auf rund 49 000. Eine Ursache ist, dass sich immer mehr Schulabgänger für ein Studium entscheiden.

Karliczek kündigte daher an, die duale Ausbildung zu stärken. Konkret will sie kleine Unternehmen dabei unterstützen, die Ausbildungseignung zu erlangen. Wie aus dem Bericht hervorgeht, ist die Quote der Betriebe, die eine Ausbildung anbieten, erstmals seit längerem wieder unter 20 Prozent gefallen, was vor allem an einem Rückgang bei kleinsten Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern liegt. Von ihnen bildet nur etwa jeder zweite aus. Auch Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte einen „neuen Schub“ für die duale Ausbildung. Junge Menschen müssten besser auf die berufliche Realität vorbereitet werden. Falsche Berufsvorstellungen sind einer der Gründe dafür, dass im Jahr 2016 jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst wurde. Allerdings spielt auch die gute Lage am Arbeitsmarkt eine Rolle: Das Stellenangebot ist so groß, dass ein Wechsel leichter fällt. Bildungsministerin Karliczek betonte, dass in etwa der Hälfte der Fälle die Auszubildenden ihre Lehre in einem anderen Betrieb oder einem anderen Beruf fortsetzten. Die Zahl der „echten Ausbildungsabbrüche“ betrage etwa 12 bis 13 Prozent.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack betonte, vor allem Migranten und Hauptschüler hätten schlechte Chancen auf eine Ausbildung. Auch der Bericht des Ministeriums legt ein besonderes Augenmerk auf Flüchtlinge. Bildung sei der Schlüssel zur Integration in die Gesellschaft, heißt es darin. Im vergangenen Jahr konnten 9500 Flüchtlinge einen Ausbildungsvertrag abschließen.

 

Quelle: FAZ v. 19.04.18