Leben als Familienvater | Ein Tag am Badesee
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Ein Tag am Badesee

Mein Leben als Familienvater – Über die täglichen Erfahrungen in einer Großfamilie mit vier Kindern erzählt unser Autor mal lustige und weniger lustige Geschichten und Alltags-Anekdoten. Bissig, humorvoll, aber immer mit einem Augenzwinkern.

 

Die Melone und andere ‚Schätze‘

 

Meine Kleinen sind für Strand und Süßwasser sehr zu begeistern, meine älteste Tochter kann ich gewinnen, da sie ihre beste Freundin mitnehmen darf. Unsere Zweitälteste wird morgens nicht wach und will nachmittags auf ein Fest, hat allerdings keine Ahnung, wie sie dorthin kommen soll und schreibt wild SMS an die halbe Welt, verwundert, keine Antwort zu bekommen. Wie auch, die sind ja auch alle am Badesee oder im Schwimmbad. Nun gut, sie ist zu Hause geblieben und wird sich schon irgendwie behelfen.

Ach ja, die beste Ehefrau von allen ist mit Freundin ins Wochenende geflüchtet und erholt sich von mir. Oder von den Kindern, der Arbeit oder einfach von allem. Jedenfalls ist sie nicht da, ich hüte die Kinder und versuche den pubertären Wahnsinn mit der Zweiältesten möglichst streitfrei zu überstehen.

Am See packe ich nach einer Stunde die von Mama liebevoll eingekaufte Wassermelone aus. Diese habe ich, gefühlte zwanzig Kilo schwer, vom Parkplatz unendlich weit in einer Kühltasche bis zur Wiese geschleppt. „Papaaaaa … ich mag doch keine Wassermelone!“, trötet mein Sohnemann über die Wiese. Die Kleine mampft ein paar Stückchen und schließt sich dann der Meinung des großen Bruders an. Die älteste Tochter und Freundin essen ein paar Stücke, allerdings ist noch drei Viertel der Melone übrig. Mir selbst schmeckt Wassermelone auch nicht, dieser mehlige Geschmack und der Gedanke, wieviel Düngemittel in besagtem Wasser ist … brrr. Aber wir haben den Wunsch von Frau Mama erfüllt und besagte Gewichts-Melone hierhergeschleppt und ich werde sie nicht heimtragen!

Endlich sind wir alle im Wasser, es ist herrlich kühl erfrischend. Meine Kleinste muss jetzt auf Toilette. Nach dem Geschäftchen, welches ewig dauert, frieren wir beide und müssen uns mal in der Sonne aufwärmen. Na gut, jetzt kommen die anderen auch schon wieder zurück. Ich liege im Schatten bei rund 34°C und freue mich, ein Buch mitgenommen zu haben. Tatsächlich komme ich ungefähr eine halbe Seite weit, als mir die ersten Funde vom Strand gezeigt werden.

Merke: an jedem Strand gibt es etwas zu finden, manchmal möchte man es aber nicht wissen.
Ich entreiße meinem Sohn den schlabberigen Gummi-Gegenstand, dessen nähere Beschreibung ich wissend um den Jugendschutz unterlasse, werfe „es“ in den Abfalleimer in der Nähe, beobachtet von netten Menschen in der Nähe, die sich für das Pärchen freuen, die „es“ in der letzten lauen Nacht hinterlassen haben, und versuche dem klagenden Bub zu erklären, dass dies kein Schatz war.
Mein Versuch, die Wassermelone als Ablenkung einzubringen, misslingt erneut.

 

Die fehlenden Pflaster

 

Dafür ist allerdings das Interesse jetzt geweckt, habe ich mir doch zwecks Melone frisch in den Finger geschnitten und suche jetzt verzweifelt ein Pflaster oder wenigstens Taschentuch, um die natur-rote Melone nicht noch mehr zu röten.

Ok, meine Frau hatte letzte Woche recht, dass wir keine Tour ohne Erste-Hilfe-Kästchen machen sollten. Ich habe es ja jetzt begriffen, morgen packe ich was ein. Übung am lebenden Objekt …

Meine Einladung zum Mittagessen im Seerestaurant schlägt wenigstens ein – alle haben Hunger und zum Glück sind nur wenige Gäste ins Restaurant gegangen, die Masse labt sich an der benachbarten Pommes-Bude. Ich beneide die Väter nicht, die in der prallen Sonne in langer Schlange anstehen. Langsam wird mir allerdings klar, warum die Schlange so lange ist und sich auch nicht bewegt: es ist das gleiche Personal wie an unserem Tisch.

Eine Stunde später haben die Würstchen es auch zu meinen nölenden Kleinen geschafft, eine andere Speisung gibt es hier nicht – alternativloses Warten. Mit dem kleinen Eis als Nachspeise wird die Laune wiederhergestellt, jetzt geht´s wieder aufwärts. Ein Pflaster habe ich jetzt auch bekommen, ein mitleidiger Vater hat mir ausgeholfen. Allerdings ist mir nicht klar, ob er mit mir oder den Kindern angesichts der Wassermelone Mitleid hatte. Ist ja jetzt auch egal, ich blute endlich nicht mehr.

Wir fahren nach Hause, finden einen Zettel von der zweitältesten Tochter, deren Pläne alle durcheinander gekommen sind und jetzt hilflose Zeilen hinterlässt, dass es ihr leidtut und wir sie anrufen sollen, weil sie unsere Telefonnummer nicht habe. Dass sie allerdings selbst eine neue Telefonnummer hat, wissen alle außer Mama nicht, da hilft nur warten und nach Einbruch der Dunkelheit die Polizei rufen.

Ich will noch schnell die Wäsche waschen, die Blumen brauchen Wasser, der bepinkelte Spielteppich im Kinderzimmer muss mit dem Gartenschlauch gereinigt werden und etwas aufgeräumt und Staub gesaugt und der Kindersender eingeschaltet und und und … puuuh … 34 Grad Celsius! Da kommt Tochter 2 zurück. Sie lebt! Tochter 1 ist zwischenzeitlich auf besagtes Fest gegangen…

Es ist Sommer. Morgen früh fahren wir wieder an den See. Mit Pflastern!