Kommunikation im ÖPNV

Das alles nur wegen miserabler Verbindungen und endlosen Ausfällen – jetzt arbeite ich wieder im Stadtzentrum und abgesehen von einmal kurz umsteigen habe ich eine perfekte Anbindung. Gleich vier Linien bieten mir einen Tür-zu-Tür-Service! Wer hat das schon, frage ich mich, und gleichzeitig freue ich mich darauf, endlich morgens und abends wieder eine Zeitung oder ein Buch lesen zu können. Zusätzlich freue ich mich sehr darauf, endlich wieder mit anderen Reisenden sprechen zu können. Was war das damals schön, das Lächeln, die Tageserlebnisse austauschen zu können und manchmal durch einen Zufall einen lange vermissten Freund zu treffen. 
Der erste Tag war nicht ganz so glücklich gelaufen… am Morgen perfekt, dann eine Oberleitungsstörung und zwei Stunden Ausfall aller Linien. Nun, das ist höhere Gewalt und sowas passiert nun mal, und dass dann die Leute nicht wohlgelaunt kommunizieren, sondern stattdessen nüchterne Konversation oder den verzweifelten Blick in die Smartphones vorziehen – wer kann das nicht verstehen? 
Der nächste Tag, wundervoll begonnen, der Anschlusszug am Abend allerdings schon weg… Es geht die ganze Woche so, merkwürdig, dass nichts pünktlich ist obwohl wir Deutschen doch so fanatisch Prozesse optimieren. Ich lese immerhin meine Zeitungen, mehr als je zuvor, habe ich das Gefühl. Allerdings bin ich der Einzige, der eine Zeitung hat. Meine Mitreisenden, und das sind viele, wie ich in den überfüllten Waggons feststelle, stieren kommunikationsbefreit in ihre Smartphones. Ich muss an die Werbung neulich denken, ein Foto von einem Bahnsteig mit vielen Leuten. Ein Pfeil zeigt auf einen einzigen Mensch, der nicht in ein Telefon starrt… 
Heute Morgen habe ich mir einen Spaß daraus gemacht – umerziehen werde ich die Welt nicht können, die Kommunikationstoten sind in der Überzahl. Aber stören kann ich sie, das ist auch ganz einfach. Mit fast schon terroristischer Motivation blättere ich meine DIN A 3 – Zeitung großzügig um und verliere dabei das eine oder andere Blatt, sehr zum Verdruss der „SMOMBIES“, die natürlich irritiert werden, vielleicht aus Versehen die Nachricht des Lebens weg wischen oder einfach nur auf negativste Weise zu einer kurzen Kommunikation gezwungen werden. Besonders angetan hat es mir der Mann mit Mütze, Riesen-Kopfhörer und Küchenbrettgroßem elektronischem Gerät. Der Kopfhörer signalisiert schon klar und deutlich „Laß´mich in Ruhe“, und die Zeitung beeinträchtigt ihn doch sehr. Aufmunternd und fröhlich entschuldigend lächele ich ihn an… er stiert kurz, dann zurück zum Gerät… nächste Seite blättern, wieder stören. Ach wie schön, dass Zeitungen so viele Seiten haben, denke ich mir… 
Endstation, alles aussteigen … ich sehe zwei junge Frauen, die sich UNTERHALTEN! Eine lächelt sogar! Es ist doch noch nicht alles zu spät… sie unterhalten sich über ihre Smartphones… eine zeigt gerade irgendeine Sensation auf ihrem Bildschirm… beide lächeln…