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Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte leiblicher Väter

Wann gilt man als Elternteil? Wer trifft Entscheidungen für das Kind? Was passiert im Falle des Todes eines Elternteils? Diese Fragen sind von großer Bedeutung, nicht nur für Eltern, sondern vor allem für Kinder.

Kinder können auch mehr als zwei rechtlich verantwortliche Elternteile haben

Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass das geltende Familienrecht den Rechten leiblicher Väter nicht ausreichend Rechnung trägt. Im konkreten Fall hatte ein Mann aus Sachsen-Anhalt Verfassungsbeschwerde erhoben. Er ist biologischer Vater eines dreijährigen Sohnes, darf das Kind aber nur alle zwei Wochen für wenige Stunden sehen. Die Mutter trennte sich unmittelbar nach der Geburt von ihm und ließ den neuen Lebenspartner als rechtlichen Vater eintragen.

Gemäß Paragraf 1600 BGB hat ein leiblicher Vater kein Anfechtungsrecht, wenn zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine „sozial-familiäre Beziehung“, also eine engere Bindung entstanden ist. Ist dies der Fall, ist eine Anfechtung ausgeschlossen. Ausnahmen von dieser Regel gibt es nicht.

Elternverantwortung

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass diese Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch verfassungswidrig ist. Sie verstößt gegen das Elterngrundrecht nach Artikel 6 Grundgesetz, auf das sich auch jeder leibliche Vater berufen kann. „Eltern im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz müssen grundsätzlich die Möglichkeit haben, Elternverantwortung für ihre Kinder zu erhalten und auszuüben.“
Das Bundesverfassungsgericht hat somit die Position von Männern im Kampf um die rechtliche Vaterschaft für ihre leiblichen Kinder gestärkt. Eine Änderung des Familienrechts ist erforderlich. Die Entscheidung ist von großer Bedeutung, da sie viele ähnlich gelagerte Fälle in Deutschland betrifft, wie der des Klägers. Kurz nachdem dieser Vater eines Sohnes wurde, trennte sich seine Lebensgefährtin von ihm und ging eine neue Partnerschaft ein. Mit Zustimmung der Mutter übernahm der neue Lebenspartner die rechtliche Vaterschaft für das Kind. Mit einer rechtlichen Vaterschaft sind wichtige Befugnisse in Bezug auf Kinder verbunden. Nur ein rechtlicher Vater darf das Sorgerecht für ein Kind ausüben.

Gesetzgeber muss bis Mitte 2025 handeln

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber mit seinem Urteil verpflichtet, bis spätestens zum 30. Juni 2025 eine Neuregelung zu verabschieden. Bis zu diesem Zeitpunkt darf die verfassungswidrige Vorschrift noch in Kraft bleiben, um biologischen Vätern weiterhin das Recht auf Anfechtung einer rechtlichen Vaterschaft zu ermöglichen. Jedoch müssen laufende Verfahren vor den Familiengerichten auf Antrag ausgesetzt werden.

Künftig drei rechtliche Elternteile möglich

Mit Blick auf die Änderung des Familienrechts hat das Gericht ausdrücklich die Möglichkeit genannt, künftig auch drei rechtliche Elternteile zuzulassen. Diese Lösung wird diskutiert, um die Bedürfnisse von Patchwork Familien mit Bonus-Müttern und Bonus-Vätern zu berücksichtigen.

Die Bundesregierung bereitet eine Modernisierung des Abstammungs- und Kindschaftsrecht vor. Dabei sollen die Rechte leiblicher Väter ohnehin gestärkt werden. „Solange ein gerichtliches Verfahren läuft, in dem ein Mann seine Vaterschaft feststellen lassen will, soll grundsätzlich kein anderer Mann die Vaterschaft für dieses Kind anerkennen können“, heißt es dazu beim zuständigen Justizministerium. Außerdem soll eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater die Anfechtung der Vaterschaft durch den leiblichen Erzeuger nicht mehr kategorisch ausschließen.

 

FAZIT: Im Mittelpunkt jeder Überlegung und jedes Urteils muss immer das Kindeswohl stehen. Die Interessen des Kindes sind entscheidend bei den Pflichten sowie den Rechten der Eltern, die sich aus dem Kindschaftsrecht ergeben.