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Eigenverantwortung – Neue Perspektiven für Lernende

 

Welche positiven Effekte hatte der Lockdown 2020 auf das Lernverhalten von Schülern und Schülerinnen?

Schulschließungen waren eine globale Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und Kinder verbrachten ihre gesamte Zeit zu Hause bei Eltern oder Erziehungsberechtigten. Viele Eltern hatten neben der eigenen Arbeit die zusätzliche Verantwortung für den Heimunterricht ihrer Kinder. Auch wenn wir wissen, dass diese Zeit wahrscheinlich nachteilige Folgen für die Bildung unserer Kinder haben wird, lassen sich trotzdem einige positive Effekte des Heimlernens auf das Lernverhalten mancher Schüler und Schülerinnen beobachten. Vielleicht wurde sogar eine neue Ära für das Lernen eingeläutet, ohne dass man es bis jetzt so richtig bemerkt hat.

Die COVID-19-Pandemie schuf über viele Kanäle ein belastendes Umfeld für Familien

Sorgen um die Gesundheit der Familie, der Druck, zur Arbeit gehen zu müssen, der Stress, sich von zu Hause aus um Arbeit kümmern zu müssen, potenzielle Arbeitslosigkeit und Einkommensverluste sowie andere Folgen einer Pandemie waren keine Seltenheit. Hinzu kam, dass die schulische Ausbildung der Kinder plötzlich in der Verantwortung der Eltern lag und das Niveau der Hilfen, die die einzelnen Schulen leisteten, sehr unterschiedlich war. Es liegt auf der Hand, dass das Ausmaß, in dem Eltern ihren Kindern außerhalb der Schule helfen können, mit ihrer Ausbildung Schritt zu halten, von Familie zu Familie sehr ungleich ist. Dementsprechend stellten größere Unterschiede im Wissen der Schüler und Schülerinnen die Lehrenden vor die Herausforderung, bei der Wiederöffnung der Schulen auf die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen. Der mit starken Mängeln behaftete Online-Unterricht hat die Ungleichheiten zwischen den Lernenden verstärkt. Diejenigen mit einem niedrigen sozioökonomischen Hintergrund waren noch mehr negativen Auswirkungen ausgesetzt, als sie es unter normalen Umständen bereits sind. Auch deshalb mussten die politischen Entscheidungsträger in Vorbereitung eines möglichen weiteren Lockdowns im Winter 2020/2021 potenzielle Vorteile und negative Auswirkungen erneuter Schulschließungen gut gegeneinander abwägen.

Familien organisierten sich neu

Eltern, die es schafften, ihren Kindern in dieser stressigen und unvorhersehbaren Zeit Struktur und Routine zu geben, halfen ihnen dadurch sehr, sich auf das Lernen zu konzentrieren. Der erste Schritt war in vielen Familien, den Kindern zu vermitteln, dass man nicht im Urlaub ist, auch wenn man zuhause bleibt. Schriftliche Zeitpläne für die ganze Woche halfen den Lernenden, sich Prioritäten zu setzen. So konnten sie lernen, sich Ziele, Aufgaben und Fristen zu setzen – genau wie es Erwachsene tun, wenn sie zur Arbeit gehen. Arbeiten, die beim persönlichen Schulbesuch vielleicht nicht schwerfielen, waren für manche Lernende beim Lernen von zu Hause aus kompliziert geworden und sie brauchten Anreize für positives Verhalten. Speziell Grundschüler und Grundschülerinnen beanspruchten viel Zeit für ihre tägliche Unterstützung durch die Eltern.

Lernende in weiterführenden Schulen konnten sich anders wahrnehmen

Lernende mit guter Ausrüstung in Bezug auf ihren Arbeitsplatz und die vorhandene Technik, wie Computer, Software und W-LAN berichteten nach einer kurzen Umstellungszeit häufig über positive Effekte des ‚zwangsweisen‘ Homeschoolings. Natürlich vermissten alle die sozialen Kontakte, die sie in der Schule normalerweise haben. Was vielen Jugendlichen aber gut gefallen hat, ist die Freiheit, die eigenen Lernzeiten dem persönlichen Biorhythmus anzupassen. Relativ schnell waren viele Jugendliche in der Lage, die von den Schulen nach den Osterferien bereitgestellten Online-Lernsysteme zum gemeinsamen Online-Lernen in der Gruppe zu nutzen. Alexa, Google oder Wikipedia zur Beantwortung von Fragen zu verwenden, wurde zur Gewohnheit. Besonders, als ab einem bestimmten Zeitpunkt offiziell klar war, dass Lehrende Leistungen zwar benoten dürfen, aber kein Lernender wegen eines Leistungsabfalls im zweiten Schulhalbjahr sitzenbleiben wird, bemerkte man, dass die Schülerinnen und Schüler entspannter wurden. Die Erkenntnis, dass man im eigenen Tempo lernen konnte, aber letztendlich auch schauen musste, wo man seine Informationen herbekommt, war für die Jugendlichen eine Möglichkeit zu persönlichem Wachstum und der Übernahme von mehr Eigenverantwortung.

Wie man das Lernen eigenverantwortlich organisiert, zeigt dieses Lernvideo:

 

 

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Eigenmotivation ist die Grundlage für selbstorganisiertes Lernen

Die Digitalisierung – auch an Schulen – erfolgt individuell und mehr oder weniger schnell. Wir können jedoch sicher sein, dass sich das Lernen und das Leben in Zukunft stark verändern werden. Kinder und Jugendliche werden zukünftig kreative Lösungen für Probleme finden, die uns heute noch gar nicht bekannt sind. Darauf müssen sie vorbereitet werden. Die Entwicklung geht deshalb vom klassischen Frontal-Unterricht zum individuellen Lernen in flexiblen Lernumgebungen, in denen nicht mehr nur reines Wissen, sondern Fertigkeiten (Skills) vermittelt werden*1). Diese Fertigkeiten sind von großer Bedeutung für das 21. Jahrhundert und werden gemäß der Bildungsforschung ‚4K-Modell‘ genannt.

Sie umfassen:

  • Kreativität
  • Kritisches Denken
  • Kollaboration
  • und Kommunikation

Moderner Unterricht sollte sich an der Vermittlung dieser Kompetenzen orientieren, damit junge Menschen später in Bereichen tätig sein können, die nicht von Maschinen abgedeckt werden.

 

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Zur Autorin

Lernprobleme sind das Thema, mit dem sich Sabine Gessenich aus Ingelheim am Rhein täglich beschäftigt. Als erfahrene Lernberaterin begleitet sie Kinder, Jugendliche und Eltern. Daneben setzt sie sich mit POTENTIALO® in verschiedenen Gremien für die dringend überfälligen Veränderungen in unserem Schulsystem ein. Die Entwicklung von sozial-emotionalen Kompetenzen ist aus ihrer Sicht in Zeiten der Digitalisierung außerordentlich wichtig und deshalb die Grundlage ihrer täglichen Arbeit.

https://potentialo.de/

https://www.linkedin.com/in/sabine-gessenich-491b15151/

POTENTIALO®-So werden Kinder und Jugendliche stark (@SGessenich) / Twitter

Referenzen und weitere Links

*1) Buchempfehlung:

Charles Fadel / Maya Bialik / Bernie Trilling: Die vier Dimensionen der Bildung: Was Schülerinnen und Schüler im 21. Jahrhundert lernen müssen

Hamburg: ZLL21, 2017, 217 S. = Center for Curriculum Redesign (CCR)  und – Zentralstelle für Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert e.V.
— Internet: www.ZLL21.de  — ISBN 978-3-9818942-0-2 —