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Special: Eltern bleiben nach der Trennung

Scheidungskindern wird oft eine düstere Zukunft prophezeit. Sie seien die Leidtragenden, können sich womöglich nie wieder von der Erfahrung erholen. Trotzdem war ich schon häufig überrascht, wenn Freunde meines Sohnes von den Trennungen ihrer Eltern erzählten. Diesen Kindern habe ich gar nichts angesehen – vermutlich, weil ihre Eltern wussten, wie sie die Scheidung für das Kind am Angenehmsten gestalten können.

Wie sage ich es meinem Kind?

Der wichtigste Punkt ist die Kommunikation. Steht die Trennung fest, müssen die Kinder rechtzeitig davon erfahren. Unwissenheit ist kein Schutz, sondern verunsichert Kinder bloß. Sie sind sehr feinfühlig und bemerken ohnehin, dass etwas nicht stimmt.

Im Gespräch mit Ihrem Kind sollten Sie ihrem Kind klar zu verstehen geben, dass sich an der Beziehung zu den Eltern nichts ändern wird, dass sie – beide! – weiterhin für es da sein werden. Außerdem sollten Sie ihm versichern, dass es keine Schuld an der Situation trägt. Woran die Beziehung der Eltern genau gescheitert ist, müssen und sollten Kinder aber nicht erfahren. Dabei geht es oft um Erwachsenenthemen, die sie noch gar nicht begreifen und einordnen können.

Wenn Kinder fragen, brauchen sie Antworten

Wenn Sie mit jüngeren Kindern über die Scheidung sprechen – und auch in der Zeit danach -, werden sie vermutlich viele Fragen stellen. Dabei geht es nicht zwingend um das Emotionale, sondern vor allem um pragmatische Themen: Zieht Papa jetzt weg? Wo kann ich schlafen? Gibt es in der neuen Wohnung genug Platz für mein Spielzeug? Wer fährt mich in den Kindergarten? Um dem Kind ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, sollten Sie sich auf solche Fragen schon im Voraus eine Antwort überlegen.

In offene Fragen dürfen und sollten Sie Ihr Kind einbeziehen. Nehmen Sie es zum Beispiel mit zum Termin für eine Wohnungsbesichtigung. Zeigen Sie ihm das neue Zimmer und überlegen Sie gemeinsam, wie sie es einrichten könnten. Fragen Sie, welche Wandfarbe es sich wünscht und wo das Bett stehen soll. Wenn das Kind bemerkt, dass es eine gewisse Entscheidungskraft hat und über zukünftige Entwicklungen nicht im Unklaren gelassen wird, wird es weniger Angst empfinden.

Ebenfalls wichtig: Hatten Sie einen gemeinsamen Familiennamen, sollte Ihr Kind diesen beibehalten dürfen, auch wenn ein Elternteil seinen Namen ändert. Für das Kind ist der Nachname ein Teil seiner Identität, den Sie ihm nicht nehmen sollten.

Kinder und Trennung: Das Kind muss an erster Stelle stehen

Eine Scheidung ist für beide Elternteile mit intensiven Gefühlen und Herausforderungen verbunden. Dennoch sollte das Kind an erster Stelle stehen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie Ihr Kind verwöhnen: Große materielle Geschenke und der Wegfall jeglicher Pflichten im Haushalt bringen die intakte Familie auch nicht zurück. Und ihr Kind sollte ein Kind bleiben dürfen. Verantwortung für die eigenen Eltern darf es nicht übernehmen.

Versuchen Sie deshalb, Ihre Gefühle bei sich selbst zu lassen. Auch, wenn Sie wütend auf Ihren Expartner sind, ist dieser ein wichtiger Mensch für Ihr Kind. Erzählen Sie ihm nicht, was der Expartner Schlechtes getan hat, lassen Sie das Kind keine Vorwürfe hören. Es wird ansonsten das Gefühl haben, es müsste zu Ihnen halten und dürfte seinen anderen Elternteil nicht mehr lieben, da dieser ein böser Mensch sei.

Keine Verlustängste: Kinder brauchen Zeit mit beiden Elternteilen

In der Zeit direkt nach der Trennung ist vor allem eines wichtig: dass das Leben weitergeht, und zwar möglichst so wie bisher. Routinen sollten fortgeführt werden. Hat Papa das Kind beispielsweise jeden Donnerstag ins Bett gebracht, könnte er donnerstags vorbeikommen und das auch weiterhin tun, oder das Kind übernachtet donnerstags in Papas neuer Wohnung.

Auf lange Zeit ist das Wechselmodell das Beste für Scheidungskinder. Dabei betreuen die Eltern das Kind abwechselnd, aber in ungefähr gleichem zeitlichen Umfang. Dadurch kann das Kind sowohl mit Mama als auch mit Papa aufwachsen. Das Wechselmodell funktioniert aber nur, wenn Sie als Eltern eine gewisse Kommunikation aufrechterhalten können. Schaffen Sie es kaum noch, einander anzusehen, wird dieses Modell keine Option darstellen.

In solchen Fällen sind klare Absprachen wichtig, die auch das Kind kennt. Sagen Sie beispielsweise „Abends um 18 Uhr ruft Papa an“, „Jeden Dienstag holt dich Papa von der Schule ab und dann macht ihr etwas Schönes“ oder „Jedes zweite Wochenende schläfst du bei Papa“, und halten Sie sich auch daran. Je älter die Kinder sind, desto mehr Mitspracherecht sollten sie bei solchen Absprachen bekommen.

Wer hilft uns, wenn wir die Probleme nicht bewältigen können?

Die beste emotionale Unterstützung geben uns natürlich immer Freunde und Familienmitglieder. Möchten Sie jedoch mit einem Fremden über das Problem stellen, helfen Ansprechpartner wie die Organisation profamilia. Außerdem gibt es als Mediatoren ausgebildete Rechtsanwälte. Diese können Eltern unterstützen, rechtliche Fragen zu klären, wenn sie es nicht schaffen, zu zweit darüber zu sprechen.

Wichtig ist auch, frühzeitig das Umfeld Ihres Kindes zu informieren. Teilen Sie beispielsweise den Erziehern im Kindergarten mit, dass Sie sich scheiden lassen werden. So sind sie vorbereitet und können angemessen auf Gefühle und Erzählungen des Kindes reagieren.

Fazit: Glücklich sein geht auch getrennt

Kinder sind glücklich, wenn ihre Eltern glücklich sind. Deshalb sollten sie nicht als Ehekleister fungieren: Wenn Sie zusammen nicht glücklich sein können, dann seien Sie es getrennt voneinander. Behalten Sie im Gedächtnis, dass Sie sich von einem anderen Erwachsenen trennen und nicht vom gemeinsamen Kind, und vermitteln Sie dem Kind dasselbe Gefühl. Mit dem Wissen, dass beide Eltern ein fester Bestandteil seines Lebens bleiben, wird Ihr Kind die Trennung weitaus besser verkraften.