Händchen halten …

dass wir genauso schreckliche Eltern sind wie einst unsere eigenen und deren davor bestimmt auch. Nein, ich spreche jetzt nicht von Prügelstrafe, die wir maximal im Kopfkino anwenden, sondern vom Sturm des metamorphotischen Kinderzimmers in adoleszenter Pubertät, besucht von Tochter plus neuem Freund. Besagter neuer, erster überhaupt Freund tauchte kürzlich im Haus auf, stellte sich vor und verschwand in besagtem Zimmer, welches nun die besagte Metamorphose erlebt. Und wir bekommen davon nichts mit!

Wie habe ich es seinerzeit gehasst, wenn meine Mutter in mein Zimmer kam, während ich unschuldig mit einer der ersten (hihii…) Freundinnen Händchen haltend auf dem Teppich saß, um mit „wollt Ihr noch Kekse, Tee, Wasser, …(weitere beliebige Getränke und Speisen sind aufzuzählen), im Zehn-Minuten-Takt eine neue, bei Abwesenheit von neuer Freundin nie vorkommender Servier-Offensive aufzufahren.

Und nun ist die Metamorphose in das Kinderzimmer eingezogen und meine neugierigste Ehefrau und Mutter von allen rennt in Gedanken die Wand hoch und runter, was sich wohl gerade dort abspielt.

Ihre am Abend mir gegebene Beschreibung des Tagesablaufs klang wie eine ganz alltägliche Situation, natürlich hatte sie nuuuuur … mal kurz anklopfen wollen und fragen, ob es noch Bedarf an Keksen Tee, Wasser (weitere beliebige Getränke und Speisen sind aufzuzählen) gäbe, und natürlich hatte sie nuuuuuur die Wäsche nach dem sortieren mal vorbei bringen wollen und natürlich war sie überhaupt nicht neugierig. Ebenso wenig wie die Tochter genervt hätte sein können. Hatten sie ja nichts anderes im Sinn als Händchen halten, sagte ich zu meiner Nuuuuur … – Ehefrau.

Aber ich irrte! Nein, sie haben nicht Händchen gehalten, sagte meine Holde verschmitzt. Sie haben ihre „Handys“ gehalten.

Wie das eben so ist in dieser Generation. Warum sollten sie im Metamorphose-Raum etwas anderes tun als an jeder sichtbaren Bushaltestelle? Während wir früher hemmungslos auf dem Spielplatz geknutscht hatten bis der Hausmeister vom Schulgebäude schimpfend angerannt kam, tauschen sie eben ihre ersten erotischen Schritte per WhatsApp oder anderen Medien aus. Nun, dann ist das mit dem Besuch beim Frauenarzt auch noch nicht so dringend, versuchte ich meine unruhigste Ehefrau von allen zu beruhigen, und wenn sie ungewollt schwanger wird, dann bekommen wir das Ultraschall-Foto bestimmt online geschickt. Der kleine Scherz kam nicht so gut an …

Ach ja, und übrigens, ich sage immer noch „Mobiltelefon“ statt „Handy“. Denn auch wenn es ein etablierter Begriff ist, versteht diesen außerhalb unserer sprachlichen Heimat niemand. Und sowas ist mir zu doof. Da bin ich doch ganz altmodisch, wie meine Eltern, und deren Eltern und so weiter. Es ist eben nicht alles toll, was neu ist.