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Ländervereinbarung für mehr Vergleichbarkeit im Bildungssystem

Bildung ist in Deutschland Ländersache

Nicht zuletzt die unterschiedlichen Maßnahmen der Länder in der Corona-Krise haben den Wunsch vieler Eltern nach mehr Zentralisierung in der Bildungspolitik verstärkt.

In einer Ifo-Umfrage sind 60 Prozent der Befragten dafür, dass wichtige bildungspolitische Entscheidungen von der Bundesregierung und nicht von den Ländern getroffen werden. 76 Prozent wünschen sich in dem Ifo-Bildungsbarometer regelmäßige Tests, um die Schülerleistungen unter den Bundesländern vergleichbar zu machen. Einheitliche Lehrpläne für die gymnasiale Oberstufe befürworten 88 Prozent der Befragten. 84 Prozent sprechen sich für ein gemeinsames Kernabitur aus.

Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat am 15. Oktober 2020 eine Ländervereinbarung mit einem gemeinsamen Rahmen für Inhalte und Struktur der schulischen Bildung in ganz Deutschland verabschiedet. Was zuletzt im 1971 überarbeiteten Hamburger Abkommen von 1964 noch auf wenigen Seiten stand und als Staatsvertrag gedacht war, ist nun nach jahrelangen Verhandlungen als Ländervereinbarung auf 29 Seiten ausgedehnt bzw. ersetzt worden. Die Ministerpräsidenten müssen noch unterzeichnen.

 

Mehr Transparenz, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit

Im Vordergrund stehen die Qualität und die inhaltliche Weiterentwicklung des gesamten Bildungswesens. In dem neuen Abkommen sind gemeinsame Regeln der Länder zu einer gemeinsamen Grundstruktur des Schulwesens und die gesamtstaatliche Verantwortung der Länder in zentralen bildungspolitischen Fragen beschlossen worden. Weiter ging es um die gegenseitige Anerkennung von Schulabschlüssen, Schulferien, den Schularten und der Anerkennung von Lehramtsabschlüssen.

 

Enge Zusammenarbeit vom Kindergarten bis zur Berufsbildung

Frühkindliche Bildung und Grundschule

Die Ländervereinbarungen berühren alle Bildungsbereiche, bis hin zur frühkindlichen Bildung. Für den Grundschulbereich (1. – 5./6. Klasse) will die KMK bis 2022 einen Gesamtstundenrahmen und einen Mindestumfang in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht sowie die Vermittlung einer verbundene Handschrift  und eine einheitliche Rechtschreibung einführen.

Vergleichbareres Abitur

Herzstück der Ländervereinbarung sind die Regelungen für mehr Vergleichbarkeit bei den Schulabschlüssen. Ab 2023 sollen in allen Ländern 50 Prozent aller schriftlichen Abituraufgaben in den Kernfächern (Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache) aus dem gemeinsamen, länderübergreifenden Aufgabenpool entnommen werden. Ab 2025 wird diese Regelung auch auf die naturwissenschaftlichen Fächer ausgeweitet. Also gleiche Aufgabenstrukturen, Arbeitszeiten und Hilfsmittel.

Bisher konnten die Länder selbst entscheiden, ob sie bei den Abitur-Prüfungen den Aufgabenpool nutzen oder nicht. Zudem soll die Leistungsermittlung in den vier Schulhalbjahren der Qualifikationsphase der Oberstufe vereinheitlicht werden.

Die Länder sichern sich unter anderem zu, „durch geeignete Maßnahmen“ dafür zu sorgen, dass Schüler bei einem länderübergreifenden Schulwechsel „ihre Bildungslaufbahn bruchlos fortsetzen können.

Namenschaos, Stundenplan und Lehrer

Im sogenannten Sekundarbereich I – also den ersten Jahren nach der Grundschule – soll das Namenschaos in Deutschland geordnet werden. Hier gibt es in jedem Land andere Bezeichnungen: Hauptschule, Realschule, Mittelschule, Regelschule, Oberschule oder Stadtteilschule. Zur Erhöhung der Transparenz und damit Akzeptanz prüfen die Länder die Möglichkeit einer einheitlicheren Namensgebung für die Schularten. Damit soll die Orientierung beim Schulwechsel von einem Bundesland in ein anderes erleichtert werden.

Zudem sollen einheitliche Regelungen im Sekundarbereich I zur Wochenstundenzahl der Fächer und Lernbereiche im Pflicht- und Wahlpflichtunterricht geschaffen werden.

Außerdem sollen Lehrer künftig leichter zwischen Bundesländern wechseln können und ein in einem anderen Bundesland absolviertes Referendariat leichter anerkannt werden.

 

Ständige wissenschaftliche Kommission

Dieses in früheren Planungen auch „Bildungsrat“ genannte Gremium soll die Länder in Fragen der Weiterentwicklung des Bildungswesens unter anderem mit Blick auf eine bessere Vergleichbarkeit beraten.

Die Mitglieder werden aus der Wissenschaft der Länder berufen, müssen das Arbeitsprogramm mit der KMK abstimmen und dann in der Amtschefkommission ‚Qualität in der Schule‘ vorberaten. Die Geschäftsstelle der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission ist beim Sekretariat der KMK angesiedelt.

 

Fazit: Themen wie Bildungsgerechtigkeit, der eklatante Lehrkräftemangel und die Nachqualifikation von Quer- und Seiteneinsteigern oder einen einheitlich langen Vorbereitungsdienst im Referendariat sind erst gar nicht angegangen worden,

Etliche Vorhaben in dem Papier müssen in Bezug auf den Zeitplan noch konkretisiert werden. Bis zum März soll dies nach Angaben der KMK geschafft sein. Es bleiben jedoch Zweifel an der Entschlossenheit der Länder, die unverbindlich formulierten Vorhaben tatsächlich umzusetzen und somit ihre Schwachstellen offenzulegen und zu bearbeiten.

Und was passiert eigentlich bei fortwährender Nichterfüllung?

Am Ende steht nicht Bremen im Wettbewerb mit Nürnberg, sondern der Standort Deutschland mit den Wachstumsregionen dieser Welt. Bildungserfolg darf nicht von der Postleitzahl abhängig sein!