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Einschulung – Vom Kindergartenkind zum Schulkind

 

Im August dieses Jahres ist es so weit! Im Radio heißt es: „Vorsicht ab heute sind die ABC-Schützen unterwegs“, und diesmal sind wir mittendrin: dem ersten Schultag für die Jüngste. Mit ihrer riesigen Schultüte, einem strahlend-neuen Ranzen und sehr aufgeregt bahnt sich unsere Tochter mit ihren mindestens genauso aufgeregten Eltern den Weg durch unsere Grundschule, um dort ihre Einschulung zu feiern.

Ich kann es nicht leugnen: der Schuleintritt ist ein wichtiger Übergang im Leben meines Kindes und wird demnächst eine zentrale Rolle in unserem Leben einnehmen.

Die Umstellung vom Kindergartenkind zum Schulkind ist gar nicht so leicht. Auf dem Weg dorthin warten viele neue Eindrücke, Erlebnisse und Herausforderungen auf sie und die ABC-Schützen.

Wir zeigen Ihnen, wie Sie diesen Weg gemeinsam gehen können.

Es fängt mit dem Ranzen an

Ein Ranzen sollte das 10 bis maximal 15 Prozent des Körpergewichts des Kindes nicht überschreiten.  Beim Kauf kann man schon Gewicht sparen: Die leichtesten Ranzen wiegen bereits unter 1000 g. Meist können die Kinder die Bücher in der Schule lassen und nehmen nur die Übungshefte mit, die für die Hausaufgaben notwendig sind. Das Gewicht des Ranzens sollte auch im Laufe der Monate immer mal wieder kontrolliert und vergessene „Altlasten“ ausgeräumt werden.

Morgentliches Chaos           

An den meisten Grundschulen beginnt der Unterricht zwischen 7:45 und 8:15 Uhr. Damit das Timing gut klappt für die Zeit zum Anziehen, Frühstücken und den Schulweg, muss der Sprössling rechtzeitig aufstehen. Das fällt nicht immer leicht, besonders in den dunklen Wintermonaten. Grundschulkinder brauchen zwischen zehn und elf Stunden Schlaf. Abends pünktlich ins Bett ist deswegen notwendig. Morgens hilft dann viel Licht, gute Laute und ein leckeres Frühstück beim Wachwerden.

Der Weg zur Schule

Praktisch ist es natürlich, wenn die Schule nicht so weit vom Zuhause entfernt ist. Dann können Sie in den ersten Schulwochen gemeinsam den Weg zur Schule kennen- und einschätzen lernen. Verzichten Sie darauf, Ihre Kinder bis zum Schultor zu fahren. Das ist natürlich gut gemeint, unterstützt Kinder aber nicht dabei, selbstständig zu werden. Zielführender ist es, wenn Sie Ihren kleinen ABC-Schützen dabei helfen, den Schulweg allein zu bewältigen – denn das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit und Selbstverantwortung.

Tipp: Suchen Sie sich Klassenkameraden. Vielleicht kennen Sie schon Eltern anderer Schulkinder oder Klassenkameraden, die in der Nähe wohnen. Die Kinder können sich gegenseitig auf dem Weg zur Schule abholen und begleiten.

Neue Umgebung

Über mehrere Jahre lang waren die Räumlichkeiten der Kita fast so vertraut wie das eigene Zuhause. Nun muss sich Ihr Schulkind an das neue Schulgebäude und Umfeld gewöhnen.

Feste Regeln  

Es gibt vorgeschriebene Verhaltensregeln und Arbeitsmaterialien im Schulalltag, die spontane Bedürfnisse nach Bewegung und Kommunikation einschränken. Vielen frisch gebackenen Schulkindern fällt es am Anfang sehr schwer, am Platz sitzen zu bleiben, sich zu melden, wenn man etwas sagen möchte sowie konzentriert und leise zu arbeiten. Besonders für Einzelkinder ist das nicht leicht. Trainieren Sie diese sozialen Kompetenzen deswegen schon früh mit Ihrem Kind. Es muss auch zu Hause lernen, dass es Geduld üben und Rücksicht auf andere und ihre Bedürfnisse nehmen muss.

Hausaufgaben

Die Hausaufgaben sind vielleicht die größte Veränderung im Leben eines Kindergartenkindes hin zum Schulkind. Nach Hause kommen und weiter lernen? Hier ist man allein. Das bedarf viel Disziplin. Unterstützen Sie Ihr Kind schon vor der Einschulung dabei, indem Sie für einen geregelten Tagesablauf sorgen. Die Hausaufgaben sollten beispielsweise immer zum gleichen Zeitpunkt erledigt werden und dabei ausreichend Zeit zum Toben und Spielen an der frischen Luft sein. Rituale aus der Kindergartenzeit wie gemeinsame Mahlzeiten, Begrüßungs- und Abschiedsrituale oder das gemeinsame Vorlesen geben Sicherheit und sollten beibehalten werden.

Eltern sind keine Hilfslehrer 

Es gibt Eltern, die ihre Kinder über behüten und Eltern, die gar keine Zeit oder Möglichkeit haben, zu helfen. Die richtige Weg wäre: “So viel Hilfe wie nötig und so wenig wie möglich“. Damit das zu Hause auch gut klappt, müssten Eltern und Lehrkräfte eng kooperieren. Kinder lernen umso besser, je selbstständiger sie ihre Aufgaben erledigen. Eltern wiederum können ihre Kinder unterstützen, indem sie eine gute Arbeitsatmosphäre schaffen, ansprechbar sind, Interesse fürs Lernen zeigen, ohne Lösungen zu präsentieren und die Motivation und Selbstständigkeit fördern.

Dem Kind Zeit geben

Melden Sie Ihr Kind nicht zu mehr als zwei Nachmittagskursen an. Neue Bezugspersonen, neue Umgebung, neue Freunde – in den ersten Wochen nach der Einschulung muss Ihr Kind viele Veränderungen verdauen. Geben Sie ihm Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen und sprechen Sie sowohl über negative als auch über positive Erfahrungen und Erlebnisse.

Selbstständigkeit und Selbstwahrnehmung

Die neuen Erlebnisse, Eindrücke und Herausforderungen gehen nicht spurlos an Ihrem Kind vorbei. Es wird von Tag zu Tag selbstständiger. Dabei kann es auch vorkommen, dass Fähigkeiten überschätzt werden und etwas danebengeht. Doch das gehört zum Erwachsenwerden dazu. Tipp: Loben Sie Ihr Kind sowohl für kleine Erfolgserlebnisse wie auch für Missgeschicke. Ermutigen Sie es zu neuen Erfahrungen trotz kleiner Risiken und nehmen Sie Ihrem Kind nicht zu viel ab. Das schafft Abhängigkeiten und schwächt das Selbstbewusstsein.

Ihr Schulkind zählt sich jetzt zu den “Großen”, und damit wächst auch das Selbstbewusstsein. Viele Erstklässler haben “ein leicht überhöhtes Selbstkonzept”. Der Familientherapeut Jesper Juul beschreibt dies auch als „existentielle Qualität“. „Wir kennen das gesunde, gut ausgeprägte Selbstgefühl als ein Gefühl des In-sich-Ruhens, Sich-Wohlfühlens. Geringes Selbstgefühl wird als konstantes Gefühl von Unsicherheit, Selbstkritik und Schuld erlebt“.

Viele Kinder möchten ihre Selbstständigkeit unter Beweis stellen und mehr Verantwortung übernehmen. Lassen Sie Ihr Schulkind deshalb ruhig kleine Aufgaben wie die Pflege eines Haustieres (falls möglich) oder Einkäufe übernehmen.

Geschlechtsbewusstsein

Die Wahrnehmung des eigenen Geschlechts wird nun immer stärker: Mädchen und Jungen setzten sich häufiger mit geschlechtstypischen Inhalten auseinander, spielen weniger zusammen als noch in der Kindergartenzeit und formen so kontinuierlich ihr Selbstbild. Interessen und Vorbilder entwickeln sich immer weiter auseinander.

Soziale Kontakte

Im Kindesalter mischen sich Freundschaften immer wieder neu. Der beste Kita-Freund bleibt nicht unbedingt während der Schulzeit auch der beste Freund. Besonders im Grundschulalter sind die Freundschaften unter den Kindern eher aus egoistischer Motivation heraus geprägt und dienen der Bedürfnisbefriedigung. Ein/e Freund/in ist beispielsweise, wer mit ihnen spielt und zwar das, was sie spielen möchten. Außerdem sollen Freund/innen sie bei Streitigkeiten mit anderen und anderweitigen Problemen unterstützen und zu ihnen stehen. Während Sie die sozialen Kontakte in der Kindergartenzeit noch steuern konnten, entscheidet Ihr Kind nun, mit wem es Freundschaft schließen möchte und mit wem nicht.

Was sich für uns als Familie ändert

Loslassen – das ist jetzt das große Stichwort. Dieser Prozess hat mit dem Eintritt in den Kindergarten begonnen und setzt sich weiter fort. Und zugleich beginnt tatsächlich wieder ein neuer Lebensabschnitt – auch für uns als Eltern. Denn der Schulstart ist auch gleichzeitig ein Verlust von Freiheit.

  • Mal spontan faul im Bett bleiben und einen kindergartenfreien Tag einlegen ist nicht!
  • Ganz spontan ein verlängertes Wochenende wegfahren geschweige denn Urlaub außerhalb der Ferienzeit – daran ist nicht mehr zu denken!
  • Kein früheres Abholen für Freizeitaktivitäten, weil das Wetter so schön ist!

Stattdessen: Schulpflicht jeden Tag.

 

Fazit: Und so gehen wir mit einer merkwürdigen Mischung aus Stolz, Vorfreude und Melancholie nach Hause, während unsere Tochter ihren ersten Schultag meistert. Wenn es Probleme gibt – dann werden wir sie lösen. Gemeinsam.