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Ein europäisches Dienstjahr – Neuer Geist für unser Gemeinwesen

 

Eklatante Ungleichheit in der Bevölkerung? Derartige Unterschiede gibt es nicht erst seit Gestern. Doch die Corona-Pandemie ist ein Katalysator dieser Entwicklung. Kinder aus gut betuchtem Elternhaus können den verpassten Schulunterricht zuhause mit MacBook und iPad nachholen. Die Einen bekommen von den Eltern finanzielle Unterstützung, während die Anderen auf den dringend benötigten ersten Ausbildungslohn warten.

Gesundheits- und Altersvorsorge sind weitere Themenfelder, in denen die Chancengleichheit mehr und mehr in die Ferne rückt. Nicht jeder kann die Krise gleichermaßen bewältigen. Manch einer steht vor einem persönlichen Scherbenhaufen, während manch anderer die Krise als Chance sogar nutzen kann. Die Pandemie und erst Recht ihre Folgen sind eine Mammut-Aufgabe für die Gesellschaft. Die viel zitierte Schere zwischen Arm und Reich droht zu bersten. Berufliche Aussichten für die kommenden Generationen – denkbar schlecht. Droht eine verlorene Generation oder kann vielleicht ein europäisches Dienstjahr die Lösung sein?

Wehrpflicht, Dienstpflicht und Co.

Einige Jahre ist es her, als die Wehrpflicht in Deutschland ihr Ende fand. Eine gesellschaftliche oder politische Diskussion über den Nutzen der Wehrpflicht – Fehlanzeige! Mittlerweile denken einige Politiker bereits wieder über die Rückkehr zur Wehrpflicht oder Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht nach. Die Mehrheit der Bürger würde einen verpflichtenden Sozialdienst befürworten. Schließlich kann ein derartiges Instrument zur Entwicklung der jungen Erwachsenen beitragen. Mehr Engagement, Zusammenhalt und Verantwortungsbewusstsein sind für unsere Gesellschaft wichtiger denn je. Mit der gewonnenen Teamfähigkeit und erlernten Selbstständigkeit können sich die Jugendlichen auch in der Post-Corona-Zeit für Unternehmen attraktiv machen.

Darüber hinaus darf das große Ganze nicht in Vergessenheit geraten. Demokratie und Gemeinwesen – das gehört untrennbar zusammen.

Die Pandemie schafft massenweise neue Aufgaben und eskaliert den Personalmangel, besonders in den Gesundheitsämtern und im öffentlichen Dienst. Dem Staat fehlen die Diener. Aktuell wird versucht, die größten Lücken mithilfe der Bundeswehr zu stopfen. Mit der Stärkung des Gemeinwesens und dem hohen Bedarf vieler Sozialeinrichtungen und Hilfsorganisationen könnte die allgemeine Dienstpflicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Jugendlichen erkennen die Vorzüge des Sozialwesens, während beispielsweise die Senioren im Altersheim endlich wieder ausreichend Aufmerksamkeit bekommen.

Über den Horizont

Vielleicht kann ein Blick über den Tellerrand helfen, die Bedeutung vom verpflichtenden Sozialdienst zu verstehen. Schließlich sind wir Deutschen nicht alleine bemüht, unsere demokratischen Grundwerte zu erhalten. In Amerika fordern immer mehr Menschen die Einrichtung eines National Service Programms, damit Jugendliche ohne Beschäftigung einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. In Frankreich gibt es ab 2024 die einmonatige Service National Universel, um Jugendliche militärisch und zivil zu schulen.

Aus Alt mach Neu

Wer heutzutage über Wehrpflicht, Dienstpflicht und Co. nachdenkt, muss nicht unweigerlich zum gestrigen Status quo zurückwollen. Vielmehr geht es um einen neuartigen Dienst, der ein verpflichtendes soziales Jahr für Jungen und Mädchen darstellen könnte. Die Schulpflicht wird erweitert – das soziale Jahr ist da. Die älteren Schüler lernen als Äquivalent zum früheren Zivil- und Wehrdienst Selbstverantwortung, Teamfähigkeit und Co. Innovative Lösungen braucht das Land, um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen und die Zivilgesellschaft zu stärken.

Zusammenhalt durch europäischen Wertdienst

Doch warum können wir nicht noch einen Schritt weitergehen? Die europäische Staatengemeinschaft steht diversen Herausforderungen gegenüber. Ungleichheiten gibt es nicht nur auf individueller Ebene. Auch die Staaten werden die Corona-Pandemie unterschiedlich meistern. Zerrissenheit in der EU oder ein Auseinanderfallen der europäischen Strukturen könnten mittelfristig eine Gefahr darstellen. Ein europäischer Wertdienst würde dieser Entwicklung entgegenwirken. Die Mitgliedsstaaten der EU schaffen eine allgemeine Dienstpflicht, um den jungen Männern und Frauen aus den europäischen Mitgliedsstaaten die Werte zu vermitteln. Gemeinsam statt einsam würden die jungen Menschen quer in Europa in länderübergreifenden Netzwerken ihre Zeit verbringen. Soziale oder ökologische Projekte bieten ganzheitlichen Mehrwert für die aufregende Zeit nach der Schule.

Chancen des Wertdienstes nutzen

Eine derartig weitreichende Entscheidung erfolgt nicht von Heute auf Morgen – so weit, so klar! Doch warum versuchen wir nicht, ein europäisches Dienstjahr zu etablieren? Weit über 60mal haben unsere Politiker das Grundgesetz geändert. Dabei gab es weitaus unbedeutendere Gründe für eine Änderung des GG als die hohen Ziele des neuen Dienstjahres.

Mit einem grenzüberschreitenden Sozialdienst befördern wir das europäische Bildungswesen in ein neues Zeitalter der gemeinsamen Werte und Erlebnisse. Unterschiede in den europäischen Kulturen und historische Spannungen zwischen Ländern lassen sich nicht leugnen. Das europäische Dienstjahr könnte alles verändern: Franzosen, Deutsche, Ungarn, Polen, Italiener, Portugiesen und Co. werden in erster Linie zu Europäern. Und wahrscheinlich entstehen auch noch länderübergreifende Freundschaften, die für Sie beim nächsten Urlaub eine Bereicherung sind!

Eine Allianz von allen für alle ist moralisch, ethisch, wirtschaftlich und wissenschaftlich alternativlos. Ein Europäisches Dienstjahr als neuen Geist für unser Gemeinwesen.