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Schulstart nach den Sommerferien in Hessen

Ab nächster Woche kehren 760.000 Schülerinnen und Schüler sowie rund 60.000 Lehrkräfte aus den Sommerferien wieder zurück in den Unterricht – und die Nervosität steigt. Wie geht es nach den Sommerferien weiter?

Zum Ende der Ferien hin sind es dann 22 Wochen, in denen unsere Kinder keinen normalen Schulunterricht mehr hatten. Für berufstätige Eltern war das mehr als belastend. Aber auch viele, die das Familienleben notfalls weiterhin so organisieren können und ihre Kinder zeitweise über Homeschooling betreuen könnten, merken: Den Kids fehlt, das was Schule auch ausmacht: Nämlich Sozialkontakt, Struktur – und Stoff.

 

Präsenzpflicht an Hessens Schulen

Von nächster Woche an gilt es für die Schulen zu zeigen, wie sie die Zeit der Sommerferien genutzt haben. Trotz der Corona-Pandemie soll es viel Normalität für Lehrer und Schüler geben. Die Abdeckung der Stundentafel hat bei den Planungen für das neue Schuljahr Priorität.

Unter Einhaltung von Hygieneregeln zum Schutz vor dem Coronavirus sollen alle Schulformen an fünf Tagen die Woche wieder Präsenzunterricht erhalten.

Die Teilnahmepflicht kann nur durch ein individuelles ärztliches Attest aufgehoben werden. Diese Regel gilt für Lehrkräfte, sozialpädagogische Mitarbeiter und Schüler, bei denen die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs bestehe oder die mit Personen mit einer solchen Gefährdung in einem Hausstand leben.

Wer nicht am Unterricht teilnehmen kann, werde digital ins Klassenzimmer zugeschaltet und erhalte dazu bei Bedarf leihweise ein mobiles Endgerät, so Kultusminister Lorz.

Die Wiederaufnahme des Regelbetriebes soll wissenschaftlich begleitet werden.

 

Corona-Hygieneplan

Die Aufhebung des Abstandsgebotes ermöglicht grundsätzlich wieder den Unterricht in allen Klassen- und Fachräumen. Die bisher geltende Begrenzung der Gruppengröße von 15 Personen muss nicht mehr eingehalten werden, das heißt die Schulen können wieder zu einem geregelten Klassen- und Kurssystem zurückkehren. Bei Konferenzen und Schulveranstaltungen gilt der Mindestabstand aber weiterhin.

Die hessischen Schüler müssen ab Montag auf dem Schulhof und im Schulgebäude eine Maske tragen. Die Maskenpflicht gilt, sobald die Schüler das Schulgelände betreten. Erst am Platz im Klassenraum dürfen die Masken abgenommen werden. Schüler können einen Mund-und-Nasenschutz allerdings auf Wunsch auch im Klassenraum tragen.

Menschen mit Krankheitssymptomen, die auf Covid-19 hindeuten, dürfen die Schulen nicht betreten. Auf Körperkontakte wie Umarmungen und Händeschütteln soll weiter verzichtet werden. Mindestens alle 45 Minuten muss ein Klassenraum gründlich gelüftet werden. Experten verschiedener Wissenschaften empfehlen Unterricht im Freien, nicht mehr als 10 Personen in einem Raum und gut gelüftete Räume.

In Abhängigkeit von der Infektionslage können die Einschränkungen des Regelbetriebes aber angepasst werden und unterschiedlich weitreichend sein.

Sportunterricht

Sport darf wieder in allen Schulformen und Jahrgangsstufen unterrichtet werden – es gelten jedoch Schutzmaßnahmen. Zuletzt waren Kontaktsportarten nur mit maximal zehn Personen möglich. Künftig wird unter anderem jeder Schülergruppe ein festgelegter Bereich innerhalb der Sportstätte zugewiesen, die Gruppen dürfen sich nicht mischen.

Der direkte körperliche Kontakte sollte auf das „sportartspezifisch notwendige Maß“ reduziert werden. Überörtliche schulsportliche Wettbewerbe bleiben verboten.

Musikunterricht

Es darf im neuen Schuljahr der Musikunterricht wieder stattfinden. Allerdings dürfen die Schüler bis Ende Januar 2021 nicht im Klassenräumen gemeinsam singen oder musizieren. Dafür müssen sie ins Freie gehen.

Darf die Schulmensa wieder öffnen?

Ja. Der Betrieb von Schulmensen ist an allen Schulen wieder grundsätzlich möglich. Möglich sind auch Angebote von Zwischen- und Mittagsverpflegung durch Dienstleister, Kioske oder Bistros zur Versorgung derjenigen, die sich am Schulstandort aufhalten.

 

Kostenlose und freiwillige Tests für Lehrkräfte

Hessen plant eine Ausweitung der Testungen auf das Coronavirus in Schulen: Vom 10. August 2020, der letzten Woche der Sommerferien, bis zum 01. Oktober 2020 sollen kostenfreie und freiwillige Tests auf das Coronavirus für alle Landesbediensteten an hessischen Schulen angeboten werden. Außerdem soll in den Schulen noch in den Ferien eine weitere große Lieferung mit persönlicher Schutzausrüstung für Lehrerinnen und Lehrer ankommen.

 

Mit dem kranken Kind zum Kinderarzt

Schnupfen ohne weitere Krankheitszeichen ist ausdrücklich kein Ausschlussgrund für die Schule (und Kita) in Hessen. Ein Kind müsse nur zu Hause bleiben, wenn es Fieber ab 38 Grad und trockenen Husten hat.  Die Gesellschaft für Virologie rät dazu, auch Schüler mit milden Symptomen und leichten Atemwegsinfektionen labordiagnostisch abzuklären. Eltern können

  • die 116-117 anrufen (Telefonnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (KV Hessen) oder
  • sich telefonisch an das örtliche Gesundheitsamt wenden oder
  • sich telefonisch an ihre Hausärztin oder an ihren Hausarzt wenden.

Dort gibt es auch Infos, wo man zum Test hingehen kann. In jeder Region gibt es unterschiedliche Anlaufstellen.

Von der Probenentnahme bis zur Mitteilung des Testergebnisses können mehrere Tage vergehen – das ist abhängig von der Auslastung in den Laboren und der Transportzeit. In der Regel erhalten Sie das Testresultat in zwei bis fünf Tagen. Schnelltests für Kinder sind bisher noch nicht vorgesehen.

 

Teilweise Fernunterricht

Eine Freistellung vom Unterricht ist für Lehrer nur noch möglich, wenn sie selbst oder Personen, mit denen sie in einem Hausstand leben, bei einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus aufgrund einer bestehenden Grunderkrankung oder Immunschwäche dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs ausgesetzt sind und ein entsprechendes ärztliches Attest vorliegt.

Weil einige Lehrer aufgrund ihres hohen Risikos weiter im Homeoffice arbeiten, muss der Präsenzunterricht auch weiter teilweise durch Fernunterricht ergänzt werden, so das Bildungsministerium. Die Pädagogen, die nicht in der Schule unterrichten, sollen ihre Kolleginnen und Kollegen von zu Hause aus unterstützen – etwa indem sie für sie den Unterricht vor- und nachbereiten oder schulorganisatorische und konzeptionelle Aufgaben übernehmen. In Hessen schätzt das Kultusministerium die Lehrer-Ausfallquote für den Präsenzunterricht auf 15 bis 18 Prozent.

 

Wie sind die Voraussetzungen für den digitalen Unterricht?

Die Länder wollen erneute Schulschließungen unbedingt vermeiden. Daher war der Plan, dass man bundesweit erst dann auf Digital- oder einen Wechsel von Digital- und Präsenzunterricht umschwenkt, wenn vom Gesundheitsamt Quarantäneauflagen verhängt werden. Generell aber soll im neuen Schuljahr nur, wo es gar nicht vermeidbar ist, Distanzunterricht stattfinden. Falls ein Schüler oder eine Schülerin sich mit Corona infiziert, soll nicht die ganze Schule geschlossen werden, sondern nur ihre Klasse oder ihr Kurs.

Für den Fall, dass aufgrund steigender Infektionszahlen doch digitaler Unterricht nötig wird, braucht es allerdings eine digitale Ausstattung von Schulen, Lehrern und Schülern – und da fehlt es an allen Ecken und Enden immer noch sehr stark.

Aktuell ist ein weiteres 500-Millionen-Euro-Paket vom Bund in Planung, bei dem die Lehrerschaft mit Dienstlaptops ausgestattet werden sollen, es eine 10-Euro-Flatrate für Schüler geben soll und alle Schulen schnell ans Breitband-Internet angeschlossen werden sollen. Ziel des Paketes ist eine schulübergreifende und nachhaltig finanzierte IT-Administration für die Schulen. Es soll ein Deutsches Zentrum für digitale Bildung entstehen, das mehrere Forschungsverbünde zur Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrer und damit auch die Lehrerbildung an den Hochschulen zusammenschließt.

 

Fazit: Es bleibt eine Risikosituation

Wir dürfen Schüler auf keinen Fall ein zweites Mal zu den Verlierern dieser Krise machen. Sie haben ein elementares Recht auf ein soziales Umfeld, auf Bildung, auf Betreuung und darauf, dass die Bildungsungleichheit nicht weiter verschärft wird.

Es gibt mittlerweile über 150 Studien zur Sicherheit von Schulen und der Übertragung von Sars-CoV-2 bei Kindern. Mithilfe von Wissenschaftlern und Experten sollte es möglich sein, eine nationale Strategie zur Vermeidung von Schulschließungen vorzubereiten und wieder einen unnötigen Rückfall in ein eher improvisiertes denn optimal strukturiertes Lernen auf Distanz zu erleben, auf die sich die Länder dann einigen.

Wenn ein Corona-Fall auftauche, „muss nicht direkt die Schule für 14 Tage geschlossen werden“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). Es reiche, wenn einzelne Klassen oder Kurse zu Hause blieben. Voraussetzung dafür sei natürlich, dass die Schüler auch nur in diesen Gruppen zusammenkämen, fügte Reinhardt hinzu. Darauf müssten die Schulen achten und entsprechende Konzepte erarbeiten. Leider seien aber viele Schulen hinsichtlich der Hygiene- und Abstandskonzepte auf den Start nach den Sommerferien nicht ausreichend vorbereitet, kritisierte der Ärztepräsident.