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Das Bildungswesen steht weitgehend still

Stand heute in Hessen

  • Schrittweise Öffnung der Schulen, die wegen der Corona-Pandemie seit 16. März 2020 geschlossen sind.
  • Grundschulen bleiben bis auf weiteres geschlossen.
  • Prüfungen der Fachoberschulen und Hauptschulen werden verschoben.
  • Kindertagesstätten werden noch länger geschlossen bleiben.
  • Die Notbetreuung von Kindern wurde auf weitere Berufsgruppen wie Mitarbeiter von Medien ausgeweitet. Alleinerziehende können ihre Kinder unabhängig vom Beruf betreuen lassen.

Rückkehr von 20 Prozent der Schüler

Heute kehren nach gut 6 Wochen die ersten Schüler an die Schulen zurück.  Die Konzentration liegt auf den Abschlussklassen von Gymnasium, Real- und Hauptschulen, die im Sommer die Schule verlassen sollen. Danach sollen Oberstufe und Mittelstufe folgen. Ausgenommen sind Kinder und Jugendliche, die einer Risikogruppe angehören oder mit besonders gefährdeten Personen zusammenleben.

Die Kultusminister der Länder haben sich das Ziel gesetzt, alle SchülerInnen vor der Sommerpause noch mal in die Schule zu bringen – zumindest tage- oder wochenweise, damit der Kontakt zu Lehrer und Mitschülern erhalten bleibt.

 

Maßnahmenkatalog für den Schul-Notbetrieb

Für die Schulöffnung gibt es einen Katalog an Maßnahmen, um das Infektionsrisiko zu minimieren.

Ein vom Kultus- und Sozialministerium detaillierter Hygieneplan wurde hierfür erarbeitet: Abstand halten durch Tische umstellen, Markierungen auf dem Boden, zeitlich gestaffelte Pausen und Maskenpflicht – allerdings nur auf der Fahrt zur Schule in Bus und Bahn bzw. wer möchte auch in der Schule.  Auch für den Fall, dass der Mindestabstand aus pädagogischen oder praktischen Zwängen heraus nicht eingehalten werden kann, sind Masken vorhanden.

In der Konsequenz sind Partner- und Gruppenarbeiten nicht möglich. Sport- und Musikunterricht fällt aus. Der Frontalunterricht erlebt eine Renaissance. Bedingungen, die vom bisher gekannten Unterricht weit entfernt sind.

Am 29. April soll ein Konzept aufgelegt werden, dass aufzeigt, wie der Unterricht im Land insgesamt wieder anlaufen kann.

 

Krisenbewältigung an Hessens Schulen

Für die Bewältigung der Krise in der Corona-Zeit spielt nicht nur das Gesundheitsministerium sondern auch die kommunalen Schulträger eine zentrale Rolle. Aber der Schulbetrieb ist eben eine langsam laufende Maschine, deren jahrzehntelang eingespielten Abläufe nicht von heute auf morgen durch einen nanokleinen Virus in seinem gewohnten Gang verändert werden kann.

Um Lehrer und die noch rund 650 000 verbliebenen Schüler  zu Hause auf Dauer in die Lage zu versetzen, das Home-Schooling zu meistern, war es notwendig, ihnen ein Werkzeug an die Hand zu geben, den Fachunterricht digital zu integrieren und die Lernprozesse zu begleiten.

Das hierfür noch im Aufbau befindliche hessische Schulportal des Kultusministeriums, eine Lern- und Arbeitsplattform im Internet, sollte schrittweise in mehreren Phasen erfolgen und bis Ende des Schuljahres 2020/21 abgeschlossen sein. Eine flächendecke Nutzung war im Schuljahr 2021/22 angedacht.

Seit Beginn der Krise wird die Plattform nun stark genutzt und das System ist dadurch an seine Grenzen geraten. Die zeitweise Überlastung führte zu langen Down- und Uploadzeiten oder einem völligen Serverausfall. Im Moment besteht aktuell auch noch keine Möglichkeit für Videokonferenzen. Nun soll das Ganze technisch schneller umgesetzt werden, damit bis zum Sommer alle Schulen damit arbeiten können. Im Wesentlichen baut es auf Open-Source-Software auf, um möglichst unabhängig von einzelnen Anbietern zu sein. Es läuft auf landeseigenen Servern der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung und erfüllt die Datenschutzvorgaben des Hessischen Datenschutzbeauftragten. Schüler können in einem passwortgeschützten Bereich lernen, üben und mit Lehrern kommunizieren.

 

Lernen für das 21. Jahrhundert

Die Notwendigkeit, das Schulportal bis zum 16. März dieses Jahres zu installieren, damit hat wohl keiner gerechnet.

Bund und Länder haben bereits im Mai 2019 eine Vereinbarung unterzeichnet und damit die Grundlagen für den DigitalPakt Schule geschaffen. Der Bund stellte über fünf Milliarden Euro an Fördergeldern für Digitalisierungsprojekte an Schulen bereit. Nach dem Verteilerschlüssel wären das ca. 140.000 EUR pro Schule. Bisher wurde davon erst ein Bruchteil abgerufen. Vier Bundesländer – darunter auch Hessen – hat ein Jahr nach Verabschiedung des Digitalpaktes noch gar keine Förderung beantragt.

Mit dem DigitalPakt Schule sollte bundesweit ein schnelles WLAN, interaktive Whiteboards, digitale Arbeitsgeräte und – wenn es die pädagogischen Konzepte erfordern – auch digitale Endgeräte eingeführt werden.

Klausuren auf dem Tablet schreiben, über die schulinterne Cloud von überall auf Unterrichtsmaterialien zugreifen und per Game-App kontrollieren, ob alle den Stoff verstanden haben: Richtig eingesetzt können digitale Konzepte den Unterricht interessanter und besser machen.

Aber nicht nur die Online-Infrastruktur der Schulen ist lückenhaft. Auch in vielen Familien hapert es mit der technischen Ausstattung an Endgeräten wie Notebooks oder Tablets für ein Lernen zuhause. Sinnvoll wäre es, wenn die Schulträger einen Technik-Pool bilden und bedürftigen Schülern daraus Geräte leihweise zur Verfügung stellen.

 

Bildungsungerechtigkeit

Es gibt Kinder, die einen monatelangen Schulausfall problemlos verkraften können. Ihre Eltern nehmen die Krise vielleicht zum Anlass, sind ganz ihrem Nachwuchs zu widmen.

Andere sind dazu nicht in der Lage. Lernschwache Kinder und solche aus sozial schwachen Familien leiden besonders darunter, weil Vieles fehlt. Bildung ist viel mehr als nur Lernen im Klassenzimmer. Sie sind eine Lebensader der Chancen – und auch ein Schutzschild oder zumindest einen Aufschub vor Gewalt, Ausbeutung und anderen schwierigen Lebensumständen.

Da Verreisen in den Sommerferien für dieses Jahr keine Option mehr ist, wurde angedacht, die Sommerferien zu verkürzen, damit ein Teil des versäumten Schulstoffs nachgeholt werden kann. Doch einige Bundesländer, die stark vom Tourismus leben, haben dies abgelehnt. Kurzfristig vorgenommene Ferienverkürzung würden den Eltern, die dann ihren Urlaub verzichten oder sogar stornieren müssen, schwer zu vermitteln sein.

Für benachteiligte Schüler wird an einem Förderkonzept gearbeitet, so dass diese den Anschluss an das nächste Schuljahr nicht verlieren. Sollte das Reisen und andere Aktivitäten jedoch noch weiter eingeschränkt bleiben, wird dies für alle flächendeckend überlegt.

Sollte der Lockdown für manche hessischen Schüler bis zum Ende der Sommerferien Mitte August dauern, dann hätten sie fünf Monate keine Schule mehr von innen gesehen. Pädagogen sind der Meinung, dann können wir wohl gleich von vorne anfangen.

 

Fazit: Zur Zeit lässt sich viel darüber lernen, worauf es im Unterricht eigentlich ankommt und was Schulen in Zukunft anders machen sollten. Für alle kommt es jetzt darauf an, wie jeder einzelne Lehrer seinen Lehrauftrag unter diesen schwierigen Bedingungen erfüllt. Wer jetzt am Lehrplan festhält, hat den Bildungsauftrag nicht verstanden. Technik hin oder her.