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Vom Leben ins Leben

Wie aus heiterem Himmel

Von einem Kollegen wurde ich zu einem Unfallort gerufen. Vorort fanden wir eine tote junge Frau, deren Auto auf einen Baum auffuhr. Mit meinem Kollegen haben wir dann die komplette Bestattungsorganisation mit der Trauerfamilie besprochen, und durchgeführt. So, kam ich im vergangenen Oktober an diesen nicht alltäglichen Trauerbegleitungsfall.

Situation in der Trauerfamilie: (kurze Schilderung)

Junge Familie, mit drei Kindern, alle im Kindergarten. In Gesprächen wurde schnell mir deutlich, dass ein Trennungs-und Scheidungsgedanke durch den Vater, diesen Suizid auslöste. Hinzu kam, dass der Vater sich anfänglich nach dem Tod seiner Frau aus der Verantwortung ziehen wollte. Er wollte seine drei Kinder nicht behalten, nicht erziehen. Gründe gab er viele an. Die Auseinandersetzungen mit Großeltern, Kindergarten, Verwandte, Schwiegereltern kamen obenauf –  alle waren sich zu Beginn uneinig.

Wie gehe ich vor: (Kurzbeschreibung)

Nachdem der Vater mich beauftragte die Trauerbegleitung durchzuführen,  war mein Ziel ein Zusammenführen des Vaters mit allen Kindern.  Anfänglich wehrte sich der Vater dagegen. Es dauerte über einen Monat, bis er schlussendlich einwilligte. Die Kinder wohnten weiterhin zu Hause. Die Pateneltern erklärten sich bereit, für ihre Patenkinder zu sorgen.

Diese Familientrauerbegleitung: (Kurzinformation)

Hier der Vater mit seinen drei Kindern. Dazu die Pateneltern (ebenfalls eigene Kinder), Großeltern, der Kindergarten. Anfangs, d.h. das erste Vierteljahr, habe ich die Familie fast täglich begleitet. Kurz nach dem Tod der Mutter, wohnte ich fast zwei Wochen bei den Kindern zu Hause, erledigte den Haushalt und habe den Kontakt zu den Kindern aufgebaut. Heute reicht es aus, dass ich auf Wunsch bzw. einmal in der Woche die Familie aufsuche.

 Wichtige Aktivitäten in dieser Familientrauerbegleitung:

  • Einzelgespräche mit den Großeltern, Vater, Pateneltern und deren Kinder
  • Kindergartenbegegnungen
  • Familienfreizeit organisiere ich dieses Jahr in den Sommerferien, und für den Herbst

Meine Art der Begleitung versucht die gesamte Lebenssituation aller Beteiligten mit einzubeziehen. Für mich ist in dieser Familie Vieles gut gelungen. Hilfe zur Selbsthilfe konnte ich erleben, erfahren. D.h. Die Bereitschaft der Pateneltern, das große Herz der Großeltern, und dass ein eigenes Zu Hause vorhanden ist. Nach wie vor wird dem Vater die Schuld gegeben für den „Suizid“ seiner Frau. Diese Auflösung wird noch  andauern.  Nach anfänglichem Unbehagen der Familie mir gegenüber, finden alle Beteiligten meinen Beistand als wichtig und richtig an.

Wie lange ich diese Familie noch begleiten werde, ist unklar. Auch wenn es anfänglich fast täglich notwendig war und heute ein wöchentliches Begegnen ist, braucht es mindestens noch 1 Jahr. Doch diese Trauerfürsorge ist ja mittlerweile zur Berufung geworden (Waldmössingen, 15. April 2017).

 

Abschied und Neubeginn

Jedes Jahr verlieren Millionen Deutsche einen geliebten Menschen. Trauer ist der stärkste Stress, den ein Mensch überhaupt erfahren kann. Die einen können den Verlust allein bewältigen, die anderen brauchen Unterstützung. Trauer verläuft in verschiedenen Phasen und bei jedem unterschiedlich in der Art, Länge und Intensität. Nicht wenige Betroffene fühlen Sie sich gerade von Menschen, die Ihnen sonst nahe stehen, in Ihrer Trauer nicht verstanden. So kann es hilfreich sein, einen Außenstehenden an seiner Seite zu haben.

Der Bedarf ist da, doch oft kennen viele Menschen Trauerbegleitung nur in Form von Sterbebegleitung durch Hospize oder Hospizdienste. Nur wenige wissen, dass die Inanspruchnahme von Trauerbegleitung  auch nach dem Tod möglich ist.

Liegt ein Angehöriger im Sterben, kann Hilfe wertvoll sein, da ein Sterbebegleiter  Ängste wie Hilflosigkeit, Überforderung  oder Verdrängung  schon in der Krankheitszeit mindern kann und die Familie bei der Vorbereitungen für die Zeit danach unterstützt.  Ein Sterbebegleiter hilft dabei, Gefühle einzuordnen – wie, dass Weinen und Lachen am Sterbebett eben auch beides sein darf.

Der Tod eines geliebten Menschen kann einem der Boden unter den Füßen wegziehen, und das Familien- und Beziehungsgeflecht gerät ins Wanken oder gar aus den Angeln. Der Alltag gerät dabei manchmal aus den Fugen, der Glaube an eine Zukunft schwindet. Ein Trauerbegleiter hilft einem bei dem Prozess, der notwendig ist, um das Leben nach einem Verlust neu ordnen zu können.

Es wird alles wieder gut, aber nie mehr wie vorher…

 

Zum Autor:
Armin Reek ist ausgebildeter Trauer-und Lebensbegleiter. Er möchte ich Beistand geben und sein, um wieder Mut für ein positives Leben zu schöpfen. Schon sehr früh hat er erfahren, was es heißt, Abschied von einem geliebten Menschen zu nehmen. Was damals geschehen war, hat eine wichtige Rolle für sein weiteres Leben gespielt. Seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten ist er im Bereich Trauerfürsorge tätig. Er unterstützt Hinterbliebene und Menschen bei der Bewältigung aller notwenigen Schritte, in Ohnmachts- und Veränderungssituationen.

Kontakt über:
Web www.trauerfuersorge.de
E-Mail reeck@gmx.net
Tel. +49 176 78428991