Angehörigenentlastungsgesetz
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Kinder pflegebedürftiger Eltern sollen finanziell entlastet werden

 

Rund 300.000 Pflegebedürftige, die in Deutschland einen Pflegeheimplatz brauchen, sind auf Sozialhilfe angewiesen. Die Zahl der Antragsteller innerhalb eines Jahres liegt deutlich höher.

 

Wer bezahlt aber die Heimkosten für die Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, wenn diese die Kosten dafür selbst nicht aufbringen können? Die Regierung hat einen entsprechenden Gesetzentwurf vom Kabinett beschlossen. Für viele Kinder könnte das neue Angehörigen-Entlastungsgesetz eine Belastung weniger sein. Die Neuregelung gilt auch für die Angehörige, die bereits zahlen.

 

Wie ist die derzeitige Rechtslage?

 

Eltern sind gegenüber ihren Kindern und umgekehrt, Kindern ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig – unabhängig vom Alter.

Wenn die Rente, die Leistungen der Pflegeversicherung oder das eigene Vermögen der Eltern jedoch nicht reicht, dann zahlt zunächst das Sozialamt und nimmt dann die unterhaltspflichtigen Angehörigen in die Pflicht, um einen Teil der Kosten zurückzubekommen. Die Kinder müssen dem Sozialamt Auskunft über Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilen und im Zweifel mit finanziellen Eigenmitteln Unterstützung leisten.

 

Wie hoch sind die Pflegekosten eigentlich?

 

Im Einzelfall hängen die Kosten stark von der Ausstattung des Heimes ab und dem Pflegegrad ab. Ein Pflegeheimplatz kostet schnell 3.000 bis 4.000 Euro und mehr. Relevant ist der Pflegegrad vor allem für die Beurteilung der Frage, wie viel Unterstützung die Person braucht und wie viel die Einrichtung gegenüber der Pflegekasse abrechnen kann.

Pflegestufe 1 und 2 sind ein paar Hundert Euro, die oft noch aus der Rente der Eltern finanzierbar sind. Ein Heimaufenthalt bei Pflegegrad 4 oder 5 wird dann richtig teuer. Im Bundesdurchschnitt kostet dieser rund 3350 Euro/pro Monat. Über die Pflegeversicherung werden 1775 Euro bei Pflegegrad 4  und 2005 Euro bei Pflegegrad 5 übernommen. Die Differenz bzw. den Rest inklusive des einrichtungseinheitlichen Eigenanteils zahlen die Pflegebedürftigen oder aber deren Angehörige, wenn keine private Pflegeversicherung vorhanden ist.

 

Wie sind die finanziellen Grenzen bisher?

 

Maßgeblich zur Unterhaltsberechnung ist der Familienstand, das persönliche Einkommen, Ausgaben für Unterhalt oder Altersvorsorge usw. aber auch der persönliche Lebensstandard. Vom Einkommen werden Belastungen wie die eigene Kranken- und Altersvorsorge, berufsbedingte Aufwendungen oder die Tilgung für das Eigenheim vom Einkommen abgezogen. Eine selbst bewohnte Immobilie oder Rücklagen für die Altersvorsorge sind in jedem Fall vor dem Zugriff des Sozialamtes sicher. Ebenso wie das eigene Auto oder Geld für den nächsten Urlaub. Die Miete ist dagegen nicht abzugsfähig.

Von diesem bereinigten Nettoeinkommen geht – falls eigene Kinder zu versorgen sind – die Aufwendungen hierfür ab. Für diesen Selbstbehalt wird die Düsseldorfer Tabelle herangezogen. Für Singles beträgt dieser derzeit 1800 Euro/pro Monat und für verheiratete Kinder kommt ein Betrag von 1.440 Euro pro Monat für den Ehepartner hinzu. Der Familienselbstbehalt würde demnach monatlich 3.240 Euro betragen. Erst wenn dann noch Geld übrig ist, werden von dem Restbetrag in der Regel 50% für die Zahlung des Elternunterhalts veranschlagt.

Ein Rechenbeispiel für einen Single: Bei einem bereinigten Einkommen von 2800 Euro, abzüglich dem Selbstbehalt von 1800 Euro, bleiben 1000 Euro übrig. Das Sozialamt kann vom Unterhaltspflichtigen also 500 Euro verlangen.

Unterhaltspflichtig sind ausschließlich die jeweiligen Verwandten in gerader Linie – also Töchter und Söhne der Pflegebedürftigen und deren eigenes Einkommen. Ehepartner spielen bei der Berechnung keine Rolle.

 

Wie sollen Kinder von Pflegebedürftigen zukünftig entlastet werden?

 

Durch das geplante Gesetz werden Familienangehörige von Pflegebedürftigen künftig weit seltener als bisher für deren Unterhalt zur Kasse gebeten. Erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro besteht eine Unterhaltspflicht. Der bisherige Aufwand, Angaben über vorhandenes Vermögen und Einkommen zu machen, soll in der Regel entfallen.

 

Gesetz betrifft auch Menschen mit Behinderung

 

Auch Angehörige von Menschen mit Behinderungen sollen mit der neuen Gesetzgebung entlastet werden. Bislang mussten sie sich an den Kosten für Maßnahmen der Eingliederungshilfe beteiligen – wie etwa für Umbaumaßnahmen zu einer barrierefreien Wohnung oder wenn es um Gebärdensprachdolmetscher geht. Auch hier sollen künftig Angehörige mit weniger als 100.000 Euro Jahreseinkommen, von dieser Pflicht befreit werden.

Die neuen Regelungen sollen ab 1. Januar 2020 in Kraft treten.

 

 

Die Altenpflege fair und solidarisch zu organisieren, bedeutet eine große Herausforderung für die Zukunft. Sowohl personelle als auch finanzielle Herausforderungen müssen genommen werden, um die Rahmenbedingungen der stationären Pflege zu verbessern und sich ein Pflegefall in der Familie nicht weiter als eine Armutsfalle entpuppt.